Willkommen beim Institut des Fleischgewordenen Wortes (IVE) in Neumarkt

Hilfe zur  Berufungsfindung

Was ist die Berufung zum Ordensleben?

Das Wort „Berufung“ (vom Verb „rufen“) deutet hin auf „gerufen sein“.

Der Mensch ist von Gott und für Gott erschaffen und nur in Gott wird der Mensch das Glück finden, wonach er unablässig sucht. (KKK 27) Wie der Heilige Augustinus sagt: „Du hast uns auf Dich hin geschaffen und unruhig ist unser Herz bis es ruht in Dir.“ Gott beruft jeden zur Heiligkeit d.h. zur vollkommenen Liebe und schenkt besondere Gnaden um diese zu erreichen. Jedoch hat er dazu verschiedene Straßen für den Einzelnen gewählt. Einige Menschen ruft Gott zum Ordensleben, zur Vollkommenen Hingabe an Ihn. Sie beantworten diesen Ruf, indem sie sich ganz Gott weihen und nur noch für Ihn leben.

Einige Beispiele

Gott hat die Jungfrau Maria zu Seiner Mutter, zur Gottesmutter berufen. Indem Maria diesem Ruf antwortete und ihr Fiat (ihr Ja) zu dieser Berufung gegeben hat und diesem Ja auch in schwierigen Zeiten treu blieb, wurde sie in dieser Berufung heilig. Es war ihr Weg zur Heiligkeit.

Die Berufung der Apostel: zu Simon und Andreas sagt er „Folgt mir nach, ich werde euch zu Menschenfischern machen“ (Mt 4,18-22).

Und zum Propheten Jeremias sagt er: „Noch ehe ich Dich im Mutterleib formte, habe ich Dich ausersehen, noch ehe Du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich Dich geheiligt, zum Propheten für die Völker habe ich Dich bestimmt“ (Jer 1, 5).

Aber was genau ist diese Berufung?

Wenn Gott jemanden zum Ordensleben beruft, dann erleuchtet er den Verstand der Person und/oder berührt ihren Willen, d.h. er geht auf die Person zu: Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt. (Joh, 15,16). Und er berührt Wille und Verstand der Person, d.h. Ich erkenne, dass Gott mich beruft (verstehe es) und mein Wille ist frei diese Einladung anzunehmen. Dieses Anklopfen Gottes kann die Person jetzt, aus wahrer und reiner Liebe zu Ihm (übernatürliche Gründe), beantworten, da sie den Ordensstand, als vollkommeneren Lebensstand erkennt, der sie zur größerer Heiligkeit führt, und diesen umfassen möchte. Sie sieht, dass Gott sie beruft.

Die Berufung fällt nicht immer und nicht notwendigerweise mit einem Gefühl zusammen, d.h. oft beruft Gott, ohne dass man etwas fühlbar empfindet, oder eine besondere Gemütserregung hat. Sie ist hauptsächlich ein Erkennen, mit dem durch Glauben erleuchteten Verstand, dass die Ganzhingabe an Gott durch den Ordenseintritt für mich der bessere Stand und sicherer für mein Seelenheil ist. Auch fühle ich mich zu diesem Stand hingezogen. Der Selige Jordan von Sachsen beschreibt seine Berufung so: „Ich nahm mir fest vor und gelobte in meinem Herzen, diesen Orden beizutreten, da ich der Ansicht war, einen sicheren Pfad zum Heil gefunden zu haben.“

Zeichen einer Berufung (Einige Beispiele)

[ACHTUNG! Das sind nur einige mögliche Zeichen. Wichtig ist die Unterscheidung und Abwägung (s. u.)]

Der Ruf Gottes ist fast nie äußerlich oder sinnlich wahrnehmbar. Gott beruft durch innere Eingebungen, die der Heilige Geist der Seele schenkt.

Hier einige Beispiele wie Gott uns eine Berufung erkennen lässt…

  • Ich verstehe, dass es das Beste für mich ist, das eigene Leben ganz Gott zu schenken;
  • Ich sehne mich danach, mehr Zeit im Gebet und in der persönlichen und innigen Begegnung mit Gott zu verbringen;
  • Ich empfinde eine bestimmte Leere und Langeweile in der Welt; eine gewisse Enttäuschung und Unzufriedenheit von der Welt und ihren Werten;
  • Ich erkenne wie unbedeutend und gering das Gute ist, das die Welt anbietet;
  • Ich habe den Wunsch, mich ganz dem Heil der Seelen zu widmen;
  • Ich verspüre eine Sehnsucht, Jesus nachzufolgen besonders durch Seinen Lebensstil;
  • Ich verstehe, dass das Gute, das Priester oder Ordensleute wirken, unbegreiflich groß ist;
  • Ich bin traurig über so wenige Berufungen zum Ordensleben, derer die Kirche so sehr bedarf;
  • Ich sehne mich danach, mich selbst für das Heil der Seelen anderer zu opfern.
  • Ich habe in meinen Leben Erfahrungen gemacht, in denen ich wahrgenommen habe, dass Gott mich möglicherweise beruft.

Diesen Anzeichen entsprechen nicht notwendigerweise einer Ordensberufung, auch zur Ehe-Berufene können solche Regungen empfinden. Trotzdem ruft Gott meist durch solche innerlichen Bewegungen.

Und was ist, wenn ich mich täusche?

Der Teufel versucht zwar gute Menschen unter dem Schein des Guten in die Irre zu führen. Deshalb soll man immer unterscheiden (s.u.).

Der Wunsch aber sich ganz Gott zu schenken, solche Gedanken, können nur von Gott selbst inspiriert sein. Ein so großes Verlangen, kommt auch nicht von uns selbst, aus unserer Menschennatur, sonder hat einen übernatürlichen Ursprung. Der heilige Johannes Bosco sagt: „Diejenigen, die im Herzen den Wunsch verspüren, diesen Stand der Vollkommenheit und Heiligkeit zu umfassen, können ohne Zweifel glauben, dass ein solcher Wunsch vom Himmel kommt, weil er zu großzügig ist und weit über den Empfindungen der Natur liegt.“

Sich für eine gute Wahl vorbereiten

Für die richtige Entscheidung braucht es eine gründliche Prüfung und das beständige Gebet. Nur so kann der Wille Gottes (und nicht der eigene) erkannt und befolgt werden. Die Geistlichen Übungen des Heiligen Ignatius von Loyola und vor allem seine Regeln sind eine große Hilfe zur Berufungsfindung (siehe unten). Auch kann ich eine Berufung nicht passiv erwarten, sondern muss aktiv in Dialog mit Gott treten, um zu erkennen, ob Er mich beruft z.B. zum Ordensleben und wozu genau z.B. zum IVE-Priester oder zum Benediktiner.

Der große Papst Johannes Paul II. rät folgende Mittel zur Unterscheidung (Botschaft zum 27. Gebetstag für geistliche Berufungen, am 4.10.1989):

  • Höre das Wort Gottes, das die Entscheidung für oder gegen eine radikalere Nachfolge Christi erleuchtet,
  • Nimm aktiv an der Heiligen Messe teil und empfange die heilige Eucharistie, die die Quelle und Nahrung aller Berufungen ist; sie ist das Fundament des geistlichen Lebens;
  • Empfange das Sakrament der Beichte, das Dich reinigt, die beständige Umkehr des Herzens fördert und Dich mit Christus vereint,
  • Bete zu Gott privat, so wirst Du Dir Gottes ständiger Gegenwart mehr und mehr bewusst, und liturgisch, so nimmst Du an den öffentlichen Handlungen der Kirche, deren Mitglied Du bist, teil; denn eine Berufung ist immer in der Kirche und für die Kirche
  • Suche Dir einen guten geistlichen Begleiter: die geistliche Begleitung ist ein wirksames Mittel zur Prüfung und zum Erkennen des Willen Gottes. Die Erfüllung Seines Willens ist die Quelle der geistlichen Reifung.
  • Verehre die Gottesmutter mit einer kindlichen Liebe. Sie wird Deine Berufung führen und schützen. Durch ihre Verehrung wirst Du geistlich und in der Berufung wachsen.
  • Achte auf das was Du tust und bring Opfer. Einer Berufung zu folgen, erfordert Verzicht und Opfer, das liegt in der Natur des Ordensleben: es ist ein Leben in Buße und Gebet. Halte Dich von allem fern was Dich zu einer bewussten lässlichen Sünde führen kann und bekämpfe Deine Laster. Es ist widersprüchlich gleichzeitig bewusst zu sündigen (also Gott bewusst zu beleidigen) und einer möglichen Berufung nachzugehen (die eine liebevolle Ganzhingabe seiner Selbst an Gott ist). 

Berufungsfindungstage

In unserem internationalen Priesterseminar der europäischen Provinz in Italien finden regelmäßig Berufungstage statt. Dieses Angebot richtet sich an Männer, die über eine mögliche Berufung zum Ordensleben und/oder Priestertum nachdenken. Diese Tage geben eine erste Orientierung und helfen bei der Entscheidungsfindung. Grundlage bilden das stille, persönliche Gebet und die Texte und Schriften der Heiligen zur Erwägung einer Berufung, besonders die des Heiligen Ignatius. Auch bietet sich die Gelegenheit unsere Seminaristen kennen zu lernen und einen ersten Eindruck des Ordenslebens und unserer Priesterausbildung zu gewinnen. Sie sind jederzeit herzlich willkommen!

Diözesanes Zentrum für Berufungspastoral

Für junge Menschen, die auf der Suche nach einem sinnerfüllten Leben sind, bietet die Diözese Eichstätt verschiedene Kurse und geistliche Begleitung an. In Form einer spirituellen Weggemeinschaft besteht die Möglichkeit, gemeinsam nach dem Glauben zu fragen. Das Zentrum für Berufungspastoral bietet Impulse an, das Glaubens- und Gebetsleben zu vertiefen und die persönliche Berufung zu entdecken.

Im Kontext der ignatianischen Exerzitien

[GÜ betrifft das Buch der Geistlichen Übungen = Exerzitien].

Die Exerzitien (Geistliche Übungen) des Heiligen Ignatius sind eine der besten Methoden um Gottes Willen für mich und mein Leben zu erkennen: ruft Gott mich zum heiligen Ehesakrament oder zur vollkommenen und ausschließlichen Weihe an Ihn, zum Ordensleben. Jeder der aufrichtig über eine Berufung nachdenkt, sollte die Geistlichen Übungen machen um eine gute Wahl zu treffen. Es sind Tage der Einkehr und Stille, in denen man, vom Heiligen Ignatius festgelegte, Themen meditiert. Das Ziel dieser Übungen ist es, dem Einzelnen zu helfen, sein eigenes Leben nach dem Willen Gottes zu ordnen und sich von allem, was dem entgegensteht, zu befreien (z.B. ungeordnete Anhänglichkeit an Dinge).

Der Heilige Ignatius schrieb einige, nützliche Regeln zur Unterscheidung der Geister auf. Diese hat er bei seiner eigenen Berufungsfindung angewendet und als langjähriger geistlicher Begleiter weiterentwickelt. Sind sie daher bestens geeignet um Gottes Willen zu erkennen, gerade bei einer so wichtigen Entscheidung wie der Wahl des eigenen Lebensstandes.

Vor der Wahl

Der Heilige Ignatius beginnt seine Übungen und Betrachtungen mit einigen Überlegungen, die vor der eigenen Berufungsfindung kommen. Er erklärt in Prinzip und Fundament (GÜ 23) die Grundlage, auf der es zu einer wirklichen Erkenntnis des Willen Gottes kommen kann, nämlich des festen Vorsatzes nicht mehr zu sündigen. Das ist nur möglich, wenn man sich über die Sünde und ihre Folgen, die Hölle, usw. (GÜ 45-72) bewusst wird. Dieser erste Teil schließt mit der persönlichen Gewissenserforschung und der Beichte (GÜ 24-44).

Danach kommt man zu Christus. Wer ist es der mich ruft? Man meditiert über die Menschwerdung Christi, seine Geburt und wie Maria Ihn im Tempel wiedergefunden hat (GÜ 101-134). Der letzte Abschnitt vor der Wahl bildet eine Reihe von Meditationen über Christus, den König des Himmels und der Erde (GÜ 91-100) und über die allgemeine Nachfolge (aller Katholiken) in den Betrachtungen der zwei Banner (GÜ 136-147), der drei Arten des Willens (GÜ 149-157) und der drei Grade der Demut (GÜ 165-168).

In dieser Einführung gibt der Heilige Ignatius die ersten Regeln, zur Unterscheidung der Geister (GÜ 313-336). Die Seele wird von verschiedenen Impulsen und Eingebungen bewegt. Die Frage ist: Wer bewegt mich? Kommt dieser Gedanke von Gott, vom Teufel oder von mir? Wie soll ich darauf reagieren? Hier sind seine 14 Regeln der „ersten Woche“ und seine 8 Regeln der „zweiten Woche“. Diese Regeln kann man nicht voneinander isoliert betrachten, sondern muss sie miteinander verbunden lesen, vgl. Schema.

Nach dieser Hinführung beginnt der Heilige Ignatius...

...die Erwägung der Stände (Berufungsfindung) (GÜ 135).

Er schreibt: „Nachdem wir das Beispiel betrachtet haben, das Christus Unser Herr uns zum ersten Stand hin, der in der Befolgung der Gebote besteht, gegeben hat, indem Er Seinen Eltern Untertan war, und gleicherweise zum zweiten Stand hin, der in der Vollkommenheit des Evangeliums besteht, da Er im Tempel zurückblieb und Seinen Nährvater und Seine natürliche Mutter verließ, um frei zu sein im reinen Dienst Seines Ewigen Vaters, beginnen wir nun, in Verbindung mit der Betrachtung Seines Lebens, forschend zu erspüren und bittend zu erfragen, in welchem Leben oder Stand Seine Göttliche Majestät Sich unser zu bedienen wünscht. Wir werden deshalb, als eine gewisse Einführung hierzu, in der nächstfolgenden Übung die Sinnesrichtung Unseres Herrn betrachten und die entsprechend entgegengesetzte des Feindes der menschlichen Natur, und wie wir uns vorbereiten (rüsten, wappnen) sollen, damit wir in jenem Stand oder Leben, das Gott Unser Herr uns schenkt, um es zu erwählen, zur Vollkommenheit gelangen können“.

Einleitendes zum Vollzug der Wahl (GÜ 169)

Der Heilige Ignatius schreibt: „Bei jeder guten Wahl muss, soweit sie von mir abhängt, das Auge meiner Ausrichtung (meiner Absicht) einfach sein, indem es einzig allein das anschaut, wozu ich geschaffen bin, nämlich hin zum Lobpreis Gottes Unseres Herrn und zum Heil meiner Seele. Was immer ich also erwähle, muss so beschaffen sein, dass es mir zum Ziel hin helfe, zu dem hin ich geschaffen bin. Und ich soll nicht das Ziel zum Mittel hin ordnen und ziehen, sondern das Mittel zum Ziel. So kommt es vor, dass viele zuerst die Wahl treffen zu heiraten, was ein Mittel ist, und dann an zweiter Stelle Gott Unserm Herrn in diesem Ehestand zu dienen, welcher Dienst Gottes doch das Ziel ist. Desgleichen gibt es andere, deren erster Wille auf die Erlangung von Pfründen geht und die erst nachträglich Gott in diesen dienen wollen. Sie streben also nicht geraden Weges zu Gott, sondern sie wollen, dass Gott geraden Weges ihren ungeordneten Neigungen entgegenkomme, und so machen sie denn aus dem Ziel ein Mittel und aus dem Mittel ein Ziel. Sie ergreifen also das, was sie an erster Stelle ergreifen sollten, zuletzt, denn an erster Stelle haben wir uns den Dienst Gottes vorzunehmen, der das Ziel ist, und erst nachträglich, die Pfründe zu empfangen oder zu heiraten, falls dies für mich das Bessere ist. So darf nichts mich bewegen, dergleichen Mittel zu wählen oder sie liegen zu lassen, als einzig der Dienst und Lobpreis Gottes Unseres Herrn und das ewige Heil meiner Seele.“

Die Wahl

Ignatius kommt nun zum wichtigsten Punkt, der Wahl selbst. Er erklärt worüber genau entschieden wird und nennt einige Kriterien (GÜ 170-174). Der erste Schritt ist offensichtlich, man darf nur zwischen guten Dingen wählen. Dann unterscheidet er scharf zwischen der unveränderlicher Wahl, die man nur einmal im Leben, für das ganze Leben trifft (z.B. Ehe oder Orden) und den verschiedenen, veränderbaren Wahlen (z.B. Beruf, Aufgabenbereich, Umzug, Studium) die sich je nach Situation verändern können und müssen.

Die unveränderliche Wahl ist ein für alle Mal getroffen, egal ob sie aus guten oder weniger guten Gründen heraus erfolgt ist. Waren die Gründe eher weltlicher Natur und Christus stand nicht im Vordergrund, dann empfiehlt Ignatius, dass man – auch wenn es keine göttliche Berufung zu sein scheint –  innerhalb dieser Wahl ein gutes Leben führen soll.

Anders verhält es sich bei veränderbaren Wahlen, diese muss man, wenn sie ungeordnet, d.h. nicht auf Christus ausgerichtet, oder vielleicht sogar sündhaft waren, berichtigen, um jetzt Gottes Willen zu tun. Wenn sie gut waren, soll man sie nicht aus oberflächlichen Gründen zurücknehmen.

Drei „Zeiten“ (drei Zustände der Seele) (GÜ 175-177)

In seinem Abschnitt über die drei Zeiten (GÜ 175-177), d.h. die drei Zustände in denen die Seele sich befinden kann, führt Ignatius aus, wie sich die Person je nach Lage verhalten muss, um eine gute Wahl zu treffen.

  1. Zustand: totale Gewissheit: ohne Zweifel und ohne zweifeln zu können. „Die erste Zeit ist, wenn Gott Unser Herr den Willen so bewegt und an sich zieht, daß eine Ihm ergebene Seele, ohne zu zweifeln oder auch nur zweifeln zu können, dem folgt, was gezeigt wird, wie Sankt Paulus und Sankt Matthäus taten, als sie Christus Unserem Herrn nachfolgten“. Es ist eine ganz besondere Gnade, die selten verliehen wird.
  2. Zustand: viele und starke innerliche „Bewegungen“: Durch meine Erfahrungen von Trost und Trostlosigkeit und durch die Unterscheidung der verschiedenen Geister, kann ich den Willen Gottes entdecken. Wie und wann bewegt Gott meine Seele? Was erfahre ich innerlich, wenn ich an das Ordens- oder Eheleben denke, oder wenn ich „etwas“ von diesem „Leben“ erlebe? Innerlichen Frieden, spirituelle Freude, Ruhe, Klarheit ... oder, im Gegenteil, Unruhe, Traurigkeit, Dunkelheit? Gott spricht durch diese Bewegungen zu mir.
  3. Zustand: „Ruhige Zeit“: Ohne besondere innerliche Bewegungen, „in aller Ruhe“, benutze ich meine natürlichen Fähigkeiten, um den Willen Gottes über mich zu suchen, zu finden und zu befolgen.

Zwei Arten, eine gute Wahl zu treffen (GÜ 178-188)

Erste Art: Die Abwägung des „Pro und Contra“

1. Ein kurzes Gebet indem man Gott um die Gnade bittet, seinen Willen zu erkennen und zu befolgen.

2. Dann schreibt man auf ein Papier, was für eine Ordensberufung und was für die Ehe spricht, ABER nicht allgemein, sondern man reflektiert sein Leben: wo gab es Anzeichen (Persönliche Fähigkeiten, Begegnungen, Erfahrungen, Beziehungen, Ideen, usw.) in meinem Leben, die mir zeigen, dass ich einer Ordensberufung folgen soll bzw. welche Anzeichen lassen mich an die Ehe denken. Es geht nicht allgemein um Erfahrungen, sondern da, wo man meint, das könnte ein Zeichen Gottes für mich sein und nicht was mir gefällt. Hier ein Schaubild:

Beruf/Berufung „X“Beruf/Berufung „Y“
ProContraProContra
  • Vorteil A:...........
  • Vorteil B:...........
  • Vorteil C:...........
  • Vorteil D:...........
  • Weitere....    
  • Nachteil A:...........
  • Nachteil B:...........
  • Nachteil C:...........
  • Nachteil D:...........
  • Weitere....
• Vorteil A:...........
• Vorteil B:...........
• Vorteil C:...........
• Vorteil D:...........
• Weitere....
  • Nachteil A:...........
  • Nachteil B:...........
  • Nachteil C:...........
  • Nachteil D:...........
  • Weitere...

3. Nachdem die erste Liste erstellt ist, wird diese überprüft und gereinigt. Man überlegt nochmal genau, warum habe ich das oder das geschrieben; ist das vielleicht kein wirklicher Grund, ist es zu oberflächlich oder meinem Wunschdenken entsprungen. Alles, was in diese Kategorie fällt wird gestrichen.

4. Danach suche ich die stärksten Gründe, die ehrlich und wirklich mich betreffen und die mir am wichtigsten sind. Diese werden unterstrichen.

Jetzt sieht die Liste ungefähr so aus:

Beruf/Berufung „X“Beruf/Berufung „Y“
ProContraProContra
  • Vorteil A:...........
  • Vorteil B:...........
  • Vorteil C:...........
  • Vorteil D:.........
  • Weitere....
  • Nachteil A:...........
  • Nachteil B:...........
  • Nachteil C:...........
  • Nachteil D:...........
  • Weitere....
  • Vorteil A:...........
  • Vorteil B:...........
  • Vorteil C:...........
  • Vorteil D:...........
  • Weitere....
  • Nachteil A:...........
  • Nachteil B:...........
  • Nachteil C:...........
  • Nachteil D:...........
  • Weitere...

Und wird nochmal sauber abgeschrieben damit man klar sieht:

 Beruf/Berufung „X“      Beruf/Berufung „Y“    
ProContraProContra
  • Vorteil A:...........
  • Vorteil B:...........
  • Vorteil D:.........
  • Nachteil A:...........
  • Nachteil B:...........
  • Vorteil A:...........
  • Nachteil A:...........
  • Nachteil B:...........
  • Nachteil C:...........
  • Nachteil D:...........

5. Die Entscheidung: „nach der stärkeren vernunfthaften Regung“

Jetzt kommt der entscheidende Augenblick, die Auswertung. Der Heilige Ignatius rät: „Nachdem ich so überlegt und die vorgestellte Sache nach allen Seiten hin erwogen habe, soll ich schauen, wohin sich die Vernunft jeweils mehr hinneigt; und so soll nach der stärkeren vernunfthaften Regung, nicht aber nach irgendeiner sinnlichen Regung die Entscheidung über die vorgelegte Sache getroffen werden“.

 Man hat viel gebetet und viel und ehrlich darüber nachgedacht. Gott hat das gesamte Pro-und-Contra-Verfahren begleitet und gesegnet. Nun betrachtet man das Ergebnis. In dem obigen Beispiel unseres Schaubildes sprechen für die erste Wahl drei starke Pros (unterstrichen), denen zwei schwache Contras entgegenstehen; für die zweite Wahl stehen drei starke Contras (unterstrichen) einem schwachen Pro entgegen. So wird klar, dass man sich für die Berufung x und gegen die Berufung y entscheiden muss.

 Achtung: Es ist keine Rechnung und es geht nicht nur um die Anzahl, sondern darum eine vernünftige Wahl zu treffen. Durch dieses Verfahren können wir die Sache klarer sehen und die Vernunft neigt sich zu diese Wahl hin. Ein Hinneigen ist keine vollkommene und offensichtliche Klarheit, da etwas im Dunkelheit bleibt. Die Berufung ist ein Geheimnis und manchmal muss man einen Schritt gehen, ohne genau zu wissen was danach kommt, man muss ganz auf Gott vertrauen. Dennoch ist diese Entscheidung nicht aus dem Bauch heraus getroffen, sondern von guten Gründen getragen und vorsichtig abgewogen worden. Wohin sich die Vernunft nach diesem Unterscheidungsprozess neigt, ist der Willen Gottes erkennbar und dahin muss die Entscheidung gehen, auch wenn es kostet, wenn ich Angst habe und wenn ich später Unruhe, Zweifel und Verwirrung erfahre.

6. Die Wahl Gott anbieten

Da eine Entscheidung, die durch diesen Unterscheidungsprozess gewonnen wurde, keine vollkommene und offensichtliche Klarheit schafft, aber trotzdem vernünftig und von guten Gründen getragen ist, empfiehlt der Heilige Ignatius: „Ist so die Erwählung oder Entscheidung getroffen, so soll der, der sie getroffen hat, sich mit großer Sorgfalt zum Gebet vor Gott Unsern Herrn begeben und ihm diese Wahl darbringen, damit Seine Göttliche Majestät sie annehme und bekräftigen wolle, sofern sie zu Ihrem je größeren Dienst und Lobpreis gereicht.“

Zweite Art: Ich stelle mir xyz vor, um objektiver zu sein

Es gibt noch eine zweite Möglichkeit, eine gute Wahl zu treffen. Ignatius schlägt drei fiktive Situationen vor, in  die man sich in der Phantasie begibt und diese gewissenhaft durchgeht, um so objektiver zu urteilen.

1. Was würde ich jemanden empfehlen, der sich in der gleichen Situation befindet

„Man stelle sich einen Menschen vor, den ich nie gesehen noch gekannt habe, und dem ich alle erreichbare Vollendung wünsche. Dann erwäge, was ich ihm sagen würde, dass er tun und erwählen solle zur je größeren Ehre Gottes Unseres Herrn und zur größeren Vollendung seiner Seele: und ebenso handle ich selbst und halte mich an die Regel, die ich für den anderen aufstelle.“

2. Wie hätte ich mich in meiner Todesstunde, auf mein Leben rückblickend, am Besten entschieden

„Als wäre ich in der Todesstunde, bedenke ich die Form und das Maß, das ich dann hinsichtlich der jetzigen Wahl wünschte eingehalten zu haben; und danach richte ich mich und treffe im ganzen meine Entscheidung“.

3. Wie möchte ich Christus im Gericht antworten, wenn Er mich nach dieser Wahl fragt

„Ich betrachte und erwäge, wie mir am Tage des Gerichtes zumute sein wird, und ich überlege, wie ich dann wünschte in der vorliegenden Sache entschieden zu haben; und die Regel, die ich dann befolgt haben möchte, nehme ich jetzt an, um mich dann voller Freude und Wonne zu finden“. Also, das tun, was ich dieser hypotetischen Person empfehlen würde, was ich mich in der Todstunde wünschen würde, was ich Christus im Gericht antworten möchte. Und endlich, nochmal: „Nachdem ich diese Richtlinien zu meinem ewigen Heil und Frieden angenommen habe, treffe ich meine Wahl und bringe sie Gott unserem Herrn dar“.

Die Wahl Gott anbieten

Das, was ich dieser mutmaßlichen Person empfehlen würde, was ich mir in der Todesstunde wünschen würde, was ich Christus im Gericht antworten möchte, das soll ich jetzt tun. Auch eine auf diese Art gewonnene Entscheidung bringe ich vor Gott. „Nachdem ich diese Richtlinien zu meinem ewigen Heil und Frieden angenommen habe, treffe ich meine Wahl und bringe sie Gott Unserem Herrn dar“.